Myonen in der Theorie

Myonen (µ-) sind Elementarteilchen und gehören, ebenso wie die Elektronen (e-), zu den geladenen Leptonen,  mit dem Unterschied, dass Myonen 207 mal schwerer sind als Elektronen. Mehr über Elementarteilchen und das Standardmodell der Teilchenphysik kannst du z. B. auf der Webseite der Weltmaschine lesen.

Myonen entstehen natürlich erzeugt in einer Höhe von 10 - 30 km durch kosmische Höhenstrahlung.

Primäre kosmische Strahlung besteht hauptsächlich aus vollständig ionisierten Atomen (98%) und aus Elektronen und Positronen (2%). Diese hochenergetischen Teilchen (bis zu 1014 eV) reagieren mit den Teilchen der Atmosphäre und erzeugen Teilchenschauer in den oberen 30 km der Atmosphäre (10 - 40 km Höhe).

Von den Teilchenschauern schafft es nur ein Teil der Myonen bis zur Erdoberfläche. Alle anderen entstehenden Teilchen und auch die Teilchen der primären kosmischen Strahlung zerfallen oder werden abgelenkt.

Künstlich ist die Erzeugung von Myonen erst möglich seit es Hochenergie-Teilchenbeschleuniger gibt. Der abgebildete Beschleunigerring des CERN bei Genf in der Schweiz ist so groß, dass es sich lohnt mit dem Fahrrad zu den Experimenten zu fahren.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© CERN
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Universität Bonn

Was passiert beim Zerfall eines Myons?

Wenn ein Myon zerfällt, entstehen ein Myon-Neutrino und unter Vermittlung eines W-Bosons ein Elektron-Antineutrino und ein Elektron

Dieser Zerfallsprozess ähnelt dem radioaktiven Zerfall instabiler Kerne und kann genauso durch eine Zerfallskurve beschrieben werden. Die Halbwertszeit ist die Zeit, nach der nur noch die Hälfte der anfangs vorhandenen Teilchen übrig ist. Die mittlere Lebensdauer ist der Kehrwert der Zerfallskonstante und damit die Zeit, zu der nur noch 1/e (e: Eulersche Zahl) der anfangs vorhandenen Teilchen übrig ist. 

Die mathematische Beschreibung der Zerfallskurve ist durch A(t) = A0 * exp(-kt) gegeben, wobei A0 die Anfangsmenge der zerfallenden Teilchen und k die Zerfallskonstante sind. Die mittlere Lebensdauer eines Myons beträgt etwa 2,2 µs.

Nach der Newtonschen Mechanik kann ein Myon bei Lichtgeschwindigkeit (c = 2,99792458 108 m/s im Vakuum) in dieser Zeit nur etwa 660 m zurücklegen. Auf der Erdoberfläche sollte also nichts von den in der oberen Atmosphäre erzeugten Myonen ankommen. Aber bei relativistischen Geschwindigkeiten (99,9% c) verlängert sich die Reichweite um den Faktor 22. Der Vergleich der gemessenen Myonenmengen in verschiedenen Höhen ist ein bekannter Nachweis für die Relativitätstheorie. Bereits in den 60er Jahren führten David H. Frisch und James H. Smith auf dem Mt. Washington ihren Versuch zur Zeitdilatation durch. Siehe auch das Mt. Washington-Experiment unter Medien.

Am CERN wurde in einem Speicherring die mittlere Lebensdauer der Myonen in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit untersucht.

Zerfallskurve
© Universität Bonn
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Universität Bonn (nach www.leifiphysik.de/relativitaetstheorie/spezielle-relativitaetstheorie/versuche/myonen-experiment-cern)

Wenn sich Teilchen wie die Myonen mit relativistischen Geschwindigkeiten bewegen, verändert sich das Zerfallsverhalten. Bei Myonen aus der Höhenstrahlung ist die Energie, also die Geschwindigkeit, unbekannt. Bekannt ist lediglich, dass sie mit relativistischer Geschwindigkeit auf der Erdoberfläche ankommen, da ansonsten nicht so viele Myonen ankommen könnten.

1975 wurde im CERN ein Zerfallsexperiment mit im Beschleuniger erzeugten Myonen bei relativistischen Geschwindigkeiten durchgeführt. Bei diesem Versuch hatten die Myonen im Speicherring eine Geschwindigkeit von 99,942% c und eine mittlere Lebensdauer von 64,6 µs, wohingegen Myonen im Ruhesystem eine mittlere Lebensdauer von 2,2 µs haben.

In dieser Grafik zeigen die blauen Markierungen den Zerfall im Ruhezustand, orange bei 90% Lichtgeschwindigkeit (c), grün bei 99% c, gelb bei 99,9% c (alles rechnerisch) und dunkelrot 99,942% c im Speicherring am CERN. Weitere Informationen findest du auf der www.leifiphysik.de.

Es ist also deutlich zu sehen, dass die Myonen mit 90% c eine etwa 2,5 mal so große mittlere Lebensdauer haben wie die Myonen im Ruhesystem und damit eine mittlere Reichweite im Newtonschen System von etwa 1650 m. Die folgende Graphik zeigt die Veränderung der mittleren Lebensdauer in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit v.

Siehe dazu auch das Video von Harald Lesch unter Medien, wenn du mehr über das Myon erfahren willst.

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