In der Physik gibt es zwei fundamental unterschiedliche Sorten von Teilchen - die Fermionen und die Bosonen. Fermionen sind strikte Individualisten: Wenn man sie auf engem Raum zusammensperrt, können sie nicht denselben Zustand einnehmen. Ein Beispiel dafür sind Elektronen, die einen Atomkern umschwirren: Wollen sich zwei von ihnen in derselben „Wolke“ (mit den Worten der Physik: demselben Orbital) aufhalten, müssen sie sich in ihrem Spin (anschaulich gesprochen: ihrer Drehrichtung) unterscheiden.
Bosonen hingegen sind Kollektivisten. Sie bevorzugen es, gemeinsam im selben Zustand vorzuliegen. Zu dieser Sorte zählen etwa die Photonen: Wenn man genügend viele von ihnen abkühlt und auf kleinstem Raum zusammensperrt, verschmelzen sie zu einer Art gigantischem Super-Photon. Doch was, wenn man die Lichtteilchen zuvor zwingt, eine von zwei leicht unterschiedlichen Farben anzunehmen? Entstehen dann zwei verschieden gefärbte Super-Photonen? Oder entscheiden sich alle für dieselbe Farbe, um ihrem Wunsch nach Konformität Genüge zu tun?
Lieber mit vielen gemeinsam am Tisch sitzen als alleine
Dieser Frage ist die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Martin Weitz vom Institut für Angewandte Physik (IAP) der Universität Bonn nachgegangen. „Zunächst haben wir mit einer bestimmten Methode gekühlte Photonen erzeugt“, sagt Weitz, der auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Matter“ und im Exzellenzcluster „ML4Q -Materie und Licht für Quanteninformation“ der Universität Bonn ist. „Dann haben wir diese Lichtteilchen in einen Raum gesperrt, in dem sie eines von zwei minimal unterschiedlichen Energieniveaus annehmen mussten - also leicht verschiedene Farben.“ Das ist etwa mit einem Restaurant vergleichbar, in dem es zwei große Tische gibt, an dem die Gäste Platz nehmen können.
Die Forscher schauten nun, an welchem davon sich die Photonen niedersetzten. Dabei stellten sie fest, dass sich die ersten von ihnen noch einigermaßen zufällig auf die beiden Tische verteilten. „Das niedrigere Energieniveau war zwar minimal stärker besetzt; dieser Unterschied fiel aber kaum ins Gewicht“, sagt Weitz. „Das galt jedoch nur, solange die Zahl der Photonen gering war.“ Sobald die Zusammenkunft auf mehrere Dutzend Teilnehmende angewachsen war, begannen die Neuankömmlinge, sich zu sortieren: Sie wählten immer häufiger den Tisch, der bereits besser besetzt war. Das ging so weit, dass der leerere Tisch ab einigen hundert Photonen fast gar nicht mehr gewählt wurde.
Methode könnte die Konstruktion leistungsfähigerer Laser erleichtern
Dieses kollektivistische Verhalten ist bereits für Gase verschiedener Arten von Bosonen nachgewiesen worden. In Gasen stehen den Teilchen aber immer sehr viele verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung und nicht - wie in diesem Fall - nur zwei.
Möglicherweise lässt sich dieses Prinzip für die Konstruktion besonders leistungsfähiger Laserquellen ausnutzen. Denn die Energie von Laserlicht lässt sich prinzipiell steigern, indem man mehrere Strahlenquellen kombiniert. „Dazu müssen diese aber dieselbe Phasenlage haben, ihre Wellenberge müssen also immer genau übereinander liegen“, sagt Weitz. „Wenn das nicht der Fall ist, kann es vorkommen, dass die Wellenberge des ersten Laserstrahls auf Wellentäler des zweiten Strahls treffen und sich gegenseitig auslöschen.“
Die Lichtwellen zweier Laser so genau anzugleichen, ist sehr schwierig. Vielleicht lässt sich für die Vereinigung der Strahlen jedoch der Hang der Photonen zum Kollektivismus ausnutzen. „Unserer Ergebnisse deuten darauf hin, dass das klappen könnte“, erklärt der Wissenschaftler. „Bis zur technologischen Umsetzung ist es jedoch noch ein weiter Weg.“