1 Bonner Teilchenbeschleuniger, 5 Jugendliche, 14 Tage Zeit
Wer im Physikalischen Institut der Universität Bonn die Treppen nach unten geht – bis unter die Erde – gelangt zu ELSA, der Elektronen-Stretcher-Anlage. An dem Teilchenbeschleuniger erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität verschiedenste physikalische Phänomene. Die Plätze für Experimente sind rar, eng getaktet – und sehr beliebt. Umso besonderer ist es, dass fünf Schülerinnen und Schüler der US-amerikanischen Centennial High School in Frisco, Texas, ihr eigenes Experiment an ELSA durchführen können. „Wir sind stolz darauf, zum ersten Mal den ELSA-Beam für ‚Beamline for Schools ‘ zur Verfügung zu stellen und freuen uns sehr, ein Gewinnerteam zu beherbergen“, sagt Prof. Dr. Klaus Desch, Leiter von ELSA.
Wenn Teilchen Grenzen überschreiten: Übergangsstrahlung im Fokus
Eine Beamline liefert hochenergetische Ströme subatomarer Teilchen, mit denen Experimente in verschiedenen Bereichen wie Grundlagenphysik, Materialwissenschaft und Medizin durchgeführt werden können. Sie bezeichnet den Teil eines Teilchenbeschleunigers, der die beschleunigten Teilchen aus dem Ring zu dem eigentlichen Experimentaufbau führt.
Das Team "Xtreme", bestehend aus Chuming Li, Ryan Pius, Wei Yee Pua und Sanjana Rajaram, hat 14 Tage lang am ELSA die sogenannte Übergangsstrahlung untersucht. Dabei handelt es sich um ein elektromagnetisches Phänomen, bei dem geladene Teilchen – zum Beispiel hochenergetische Elektronen – elektromagnetische Strahlung aussenden, wenn sie die Grenze zwischen zwei Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften passieren.
Die fünf Schülerinnen und Schüler haben verschiedene Proben untersucht, die aus abwechselnden Schichten nichtleitender und metallischer Materialien bestehen. Die durch die Übergangsstrahlung erzeugten Röntgenstrahlen werden mit Sensoren der Universität Bonn detektiert. Mit dieser Studie wollen sie einen Beitrag zur Entwicklung von weichen Röntgenquellen und zerstörungsfreien Strahldiagnostik leisten. Weiche, also niedrig energetische, Röntgenquellen werden beispielsweise benötigt, um die Struktur von Proteinen zu analysieren, dünne Schichten von Materialoberflächen zu untersuchen und Bildgebung lebender Zellen oder heiße Himmelskörper im Röntgenbereich zu beobachten. Praktisch nebenher haben die Texaner darüber hinaus praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Teilchenphysik gesammelt.
Physikwettbewerb für Schülerinnen und Schüler aus aller Welt
Bei „Beamline for Schools“ (BL4S) handelt es sich um einen Physikwettbewerb, der vom CERN, dem europäischen Labor für Teilchenphysik, ins Leben gerufen wurde. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II aus der ganzen Welt können daran teilnehmen. Die Teilnehmenden sind eingeladen, einen Vorschlag für ein Physikexperiment auszuarbeiten, das an der Beamline eines Teilchenbeschleunigers durchgeführt werden kann – entweder am CERN oder an einem der Partner: DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron in Hamburg, Deutschland) bzw. ELSA (Elektronen-Stretcher-Anlage der Universität Bonn, Deutschland). Für das Jahr 2025 wurde eine Rekordzahl von fünf Gewinnerteams ausgewählt.